Drei Welten Modell

Das Drei-Welten-Modell
Das Friederike-Fliedner-Haus ist seit über 20 Jahren ein fester Bestandteil in Kamp-Lintfort. Wir sind eine vollstationäre Einrichtung und bieten auch Kurzzeitpflege an. Unser Haus bietet 104 Bewohnern einen Wohnraum auf drei Etagen.

Am 26. Januar 2016 haben wir unseren Neubau bezogen. Hier sind auf jeder Wohnebene 12 Einzelzimmer realisiert. Im Bestandsgebäude sind dann auch Einzelzimmer entstanden. 17 Doppelzimmer blieben erhalten, diese können z.B. für Ehepaare genutzt werden.

Die Einzelzimmer sind lt. Mindestbauverordnung ca. 20-22 qm groß. Dabei ist eine Nasszelle mit Dusche, Waschbecken und WC. Gerne können auch eigene Möbel, Bilder, Lampen etc. mitgebracht werden. Ein großzügiger Wohn- und Essbereich, wie auch eine Loggia mit Gartenstühlen und Tisch befinden sich auf jeder Etage.

Mit Beginn unseres Neubaus arbeiten wir nach einem neuen pflegerischen Konzept.

Das „Drei - Welten - Modell“ (nach Ch. Held)

Dies ist ein spezielles Angebot für Menschen mit Demenz in vollstationären Einrichtungen.
Im zweiten Stadium der Demenzerkrankung ist bereits der größte Teil der Alltagskompetenz verloren gegangen.

Sprache und Sprachverständnis sind stark beeinträchtigt, verbale Kommunikation nur erschwert möglich.
Orientierungsschwierigkeiten (örtlich, zeitlich und zur Person) treten auf. Betroffene laufen ziellos und suchend umher, schlafen auf Sesseln und in fremden Betten, etc.

Besitzzugehörigkeit wird nicht erkannt oder respektiert.
Verschobener Tag- Nachtrhythmus.


Dr. Held arbeitete drei Erlebniswelten heraus.

(kurz erklärt)
1. Welt der kognitiven Erfolglosigkeit  

Bewohner haben ein Ziel, dieses kann aber nicht ohne Hilfe in die Tat umgesetzt werden.
Dies führt zu Misserfolgen.

2. Welt der kognitiven Ziellosigkeit

In diesem Demenzstadium haben die Betroffenen kein klares Ziel mehr.

3. Welt der kognitiven Schutzlosigkeit

In diesem Stadium sind die Betroffenen vollständig von anderen abhängig.


Am 26.01.'16 haben wir im Neubau die zweite Wohnebene bezogen. Also die Welt der Ziellosigkeit (nach Held). Wir betreuen 12 Bewohner, von denen jeder ein Einzelzimmer bewohnt. Wir verfügen über einen geräumigen Aufenthalts- und Essbereich der mit besonderen Lichtquellen ausgestattet ist, wie z.B. Lichtsäulen, Deckenstrahlern. Auch haben wir spezielle Duftlampen im Einsatz. Spezielle Düfte helfen uns, den Heimalltag zu gestalten. So helfen ein paar Tropfen Orangenöl morgens bei der Grundpflege und sorgen für gute Laune. Orientierungshilfen, wie spezielle Kalender mit Fotos oder Namenschilder mit Vor- und Nachname, sind gut erkennbar für die Bewohner auf allen Gängen der Wohnebene zu finden. Alte Möbel, wie Sessel, Couch, Sofatisch, Schreibmaschine, Nähmaschine, Bügelbrett, etc. verschönern den Aufenthaltsbereich.
Auf unserer Loggia haben wir neben ein paar Sitzmöglichkeiten auch einen kleinen Kräutergarten und ein Blumenbeet in Balkonkästen angelegt. Diese werden in Zusammenarbeit mit Betreuungsdienst, Pflege und Bewohnern gestaltet. Hier haben wir auch die Möglichkeit zu grillen.

Bewohner helfen bei den täglich anfallenden hauswirtschaftlichen Tätigkeiten wie spülen, Tisch decken und säubern, Wäsche falten, kleine Putzarbeiten, ohne aber die Bewohner zu überfordern.

Demenzgerechtes Essen wird in speziellen Warmhalteschüsseln gereicht, so dass individuelle Essenszeiten berücksichtigt werden können. So wecken wir keine Bewohner, sondern lassen die Bewohner schlafen, so lange es gewünscht wird. Auch das ins Bett gehen wird sehr individuell gehalten. Hier wird auch viel Biografie-Arbeit geleistet. Auch arbeiten wir nicht mit Sitzplänen, Duschplänen, etc. Ein hohes Maß an individueller Arbeit von Mitarbeitern hat hohe Priorität.

Auch wird auf die Kommunikation geachtet (Blickkontakt, Validation etc.).

Weiterhin finden täglich Sozialdienst- und Betreuungsangebote, wie z.B. Singen, Gedächtnisspiele, Malen und Gestalten, sowie Einzel- und Gruppenangebote statt.
Kochen und Backangebote finden wöchentlich in enger Zusammenarbeit mit Sozial- und Betreuungsdienst sowie Pflege statt.  
Das hier vorgestellte Konzept des Schweizer Gerontopsychiaters Christoph Held ist sicherlich eine von vielen Möglichkeiten, auf die speziellen Bedürfnisse von demenziell erkrankten Menschen einzugehen. Jedoch wird hier ein hohes Maß an Struktur, Organisation und personaler Bereitstellung abverlangt.

Mit der zunehmenden Zahl demenziell erkrankter Menschen, ist es auch für Deutschland an der Zeit, sich neuen Modellen anzunehmen. Ganz sicher bedarf es in der heutigen Pflegelandschaft mit ihrem starren, auf Dokumentation und einen unflexiblen Stationsalltag ausgerichteten Blickwinkel, neuer Wege, um früh auf die sich verändernde demographische Struktur reagieren zu können. Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen, Aufstockung des Personalschlüssels, sowie Fort- und Weiterbildung und Supervision sind dringend erforderlich.

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